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Ich wollte diesen Duft wirklich lieben; ich war von der Idee so fasziniert. Aber in Wirklichkeit riecht er wie saure, kaffeegetränkte Ermahnungen und Passivrauchen von deiner schrulligen Mutter, wenn du zu viel fruchtig-blumiges Ex'cla-ma'tion Eau de Toilette und mehrere fettige Schichten Zuckerwatte-Lip Smackers trägst, bevor du dich auf den Weg zu deinem ersten Tag in der Junior High um 1989 machst. Wenn er trocknet, verwandelt sich der Duft in etwas, das unheimlich an tagelang vergessene Espresso-Shots erinnert, die im Boden eines rosa Caboodles-Organizers schwappen.
In Nitesurf Neroli, viele Tiefen unter dem Himmel und dem Meer, pulsiert eine kandierte Grotte mit kristalliner Süße. Stalaktiten aus gepeitschtem Orangenblütenhonig tropfen in leuchtende Pools; Sirenen winden sich in Neonschaum, ihre Stimmen durchdringen Lichtscherben. Übersättigte Quarzblüten lösen sich in der Feuchtigkeit und der Dunkelheit auf, heller Ingwer und Glacé-Zitronenpollen blitzen im Nebel auf. Versteinerte Muschelschalen von Muscheln und Seeschnecken liegen verstreut, ihre uralten Formen sind mit gezuckerten Juwelen überkrustet, die das schimmernde Licht einfangen und brechen. Jede Oberfläche glänzt mit einem Zwieback aus kandiertem Glanz, und die Zeit löst sich in diesem Unterwasser-Disco-Rausch aus zuckerüberzogenem Exzess in einer endlosen, ewig elektrischen Schleife in salzigem Moschus auf. Das ist die Süße, die Meerjungfrauen unter den Wellen flüstern, jede zu jeder.
For Rest eröffnet mit einer weihrauchartigen Zitrusnote, einer Art schattiger Yuzu - nicht rauchig per se, aber irgendwie schummrig und flackernd. Hinoki kommt mir manchmal ein wenig herb vor, aber in Kombination mit Muskatnuss und pfeffrigem Moschus verleiht er hier eine helle, würzige Süße. Dieser Duft ist wirklich schön. Es ist ein Duft, der zu erdig und geerdet ist, um als mystisch oder geheimnisvoll bezeichnet zu werden, aber er ist zu interessant, als dass ich ihn als gemütlich oder gar profan bezeichnen würde. Vielleicht ist es ein Parfüm, das beide Welten in dem Sinne verbindet, dass es irgendwie zutiefst vertraut und überraschend anregend ist, ein Duft, der einen in eine angenehme Träumerei einlullt, während er einen mit einem anhaltenden Gefühl der Verwunderung zurücklässt.
Forget Me Not ist ein würziger, sprudelnder, krautiger Duft, sehr grün, fast krokodilartig in seiner Grünlichkeit. Ein Krokodil, das durch ein wildes Minzbeet schlittert.
Gentle Night ist der Duft von saurem Seifenschaum aus dem Meer mit dem unangenehmen Geruch eines verschimmelten Wäschestapels.
Holy Terror entfaltet sich wie ein Wachtraum, eine duftende Geschichte, die die Grenze zwischen Bewusstsein und Schlummer verwischt, in der sich der honigartige Reichtum von Bienenwachskerzen mit harzigem Weihrauch vermischt. Wenn er sich auf der Haut niederlässt, verschmelzen Weihrauch und Myrrhe mit der sanften Wärme des Bienenwachses, und ihre einzelnen Noten verschwimmen wie Geheimnisse, die auf feuchtem Pergament geschrieben sind. Durch die strengen Harze zieht sich eine goldene Bernsteinader, die an das Flackern von Kerzenlicht auf alten Steinmauern erinnert.
Je länger man ihn trägt, desto mehr wird Holy Terror zu einem Wiegenlied für die Sinne. Es ist das olfaktorische Äquivalent zu dem schläfrigen Zustand kurz vor dem Einschlafen, wenn die Worte auf der Seite Ihres Gothic Romans zu schwimmen beginnen und die Ranken des Weihrauchs in der Luft Formen zu bilden scheinen. Das Sandelholz bildet einen gleichmäßigen Hintergrund, wie der Rücken eines alten Buches, während die honigartigen Weihrauchnoten tanzen und wirbeln, bis sie nicht mehr voneinander zu unterscheiden sind.
Wenn man tiefer in diese duftende Träumerei eintaucht, findet man sich in den schattigen Korridoren eines verfallenen Schlosses wieder, wo Porträts zu atmen scheinen und Rüstungen bei unsichtbaren Bewegungen knarren. Die bernsteinfarbene Luft flüstert von alten Prophezeiungen und lang vergrabenen Geheimnissen. Vor deinem geistigen Auge siehst du die Unschuldige, die durch die mondbeschienenen Kreuzgänge flieht und mit ihren zitternden Fingern Spuren im Staub der Jahrhunderte hinterlässt. Der Duft des Heiligen Schreckens umhüllt dich wie ein Mantel aus Schatten, der zugleich tröstlich und geheimnisvoll ist, ganz wie die verborgenen Gänge, die in diesen alten Geschichten sowohl Angst machen als auch locken.
Dieser Duft erinnert weniger an furchterregende Klostergeister als vielmehr an die sanften Geister halb vergessener Geschichten, an Träume, die nach dem Aufwachen noch nachklingen. Es ist der Duft, den man riechen könnte, wenn man bei Kerzenlicht lesend eingeschlafen ist und aufwacht, um den Rauch der erloschenen Flamme zu bemerken, der sich mit den letzten Resten von Weihrauch vermischt, alles durchdrungen von der ambrierten Glut des Bienenwachses.
Wenn man an Fliederdüfte denkt, kommen einem oft die Worte "zart" und "sittsam" in den Sinn. Amouage Lilac Love ist jedoch... nicht das. Dieser Duft ist eine duftende Hommage an die überlebensgroße, extravagante Weiblichkeit und den Glamour der alten Schule. Er erinnert an die vollbusige Madam Miss Mona, die in ihren Federboas und Seidenpeignoirs in The Best Little Whorehouse in Texas herumschwingt. Ich habe gehört, dass dieser Duft als floraler Gourmand beschrieben wird, was zutreffend scheint, aber ich kann nicht genau sagen, wie. Es gibt eine abstrakte Fülle und Cremigkeit, die eine schwer fassbare Dekadenz heraufbeschwört, und das blumige Element fühlt sich auch etwas spekulativ an. Es handelt sich nicht um einen üppigen Strauß frisch geschnittener Blüten, sondern um die verschwenderische Vorstellung von ihnen, die in einem schummrigen Boudoir in eine Samttapete eingewirbelt werden. Ein plüschiger, pudriger Moschus legt sich auf die Haut, eine Perlenkette, die sich über eine weiche, warme Haut legt. Luxuriös und berauschend, und in Kombination mit der honigartigen blumigen Süße ist es ein Duft, der in seiner eigenen Üppigkeit zu schwelgen scheint. Lilac Love ist VIEL. Und jedes bisschen davon ist umwerfend.
Geisterstraßen, die auf einem Friedhof zusammenlaufen, das Geflüster einer grün verhüllten Gestalt, die im Nebel verschwindet. Fantôme de Maules entfaltet sich wie ein Geheimnis, ein waldiger, gespenstischer Moschus, eine dunkelgrüne Dämmerung, die durch die Zweige schimmert und knapp über der Haut schwebt. Das Grün hier ist nicht üppig oder lebendig, sondern streng - Dämmerung, die durch Kiefernnadeln filtert. Ein Hauch von Lavendel, eher krautig als blumig, und ein Hauch von trockener, schattenhafter Würze - stacheliges, unterirdisches Murmeln von einem verborgenen Ort. Durch den Nebel hindurch sehe ich Moosblüten, deren Duft schwer fassbar und flüchtig ist, verdeckt von dem allgegenwärtigen Schleier aus kühlem, grünem Nebel. Es ist wunderschön, auf eine melancholische Art und Weise, als ob man über verlassene Ruinen auf einer vergessenen Lichtung stolpert. Der Duft trägt die Schwere der Isolation in sich, der Zeit, die sich endlos durch stille Wälder erstreckt, des Grases und Lehms geheimer Pfade, die von einsamen Füßen betreten werden. Der bittersüße Schmerz der gewählten Abgeschiedenheit, einer Welt, die man bewusst hinter sich gelassen hat. Der hauchdünne, seifig-pudrige Aspekt fühlt sich an wie ein verblassendes Überbleibsel der Zivilisation, das von den Jahren der Waldeinsamkeit weggespült wurde. Es ist ein Duft, dessen Anwesenheit durch Abwesenheit definiert wird, ein Geheimnis, von dem ich nicht sicher bin, ob ich es enträtseln will - was fehlt oder warum es wichtig ist.
L'Artisan Histoire d'Orangers ist die tiefste Orangenblüte. Wenn man alle Wörter in jeder Sprache für "Melancholie" destillieren, die Essenz eines schweren schwarzen Lidstrichs einfangen oder die Resonanz eines traurigen Moll-Akkords in eine Flasche füllen könnte, dann wäre das die Zusammenfassung dieses Parfums. Es ist die Poesie verlassener Orangenhaine in der Abenddämmerung, deren gespenstische Blüten einen Hauch von Saudade, Sehnsucht oder Mono no aware verströmen. Für die Momente, in denen man sich danach sehnt, sich in eine bebende Erhabenheit der Traurigkeit zu hüllen, in dem exquisiten Schmerz zu schwelgen, schmerzhaft lebendig zu sein in einer Welt, die immer weiter entgleitet. Ich bin mir bewusst, dass dies das größte und kitschigste Klischee ist, das ihr je gehört habt, aber als ein Grufti aus Florida, der in der ewigen Sommerdüsterheit schwimmt, weiß ich nicht, was ich euch sonst sagen soll.
Sarah Baker Loudo ist ein Duft, der auf meiner Haut in zwei verschiedenen Realitäten zu existieren scheint. Auf der einen Seite geht es um Trost und Nostalgie - muffiges, cremiges, abgelaufenes Schokoladenmilchpulver, das es irgendwie immer noch schafft, absolut köstlich zu sein. Es ist, als würde man über eine vergessene Dose im Schrank aus der Kindheit stolpern, deren Duft einen mit einer Süße umhüllt, die sowohl vertraut als auch leicht schräg ist. (Wahrscheinlich wegen der Zeitreise, die nötig war, um es zu beschaffen.) Aber wenn man sich dem anderen Handgelenk zuwendet, ändert sich plötzlich der Boden unter den Füßen gewaltig. Hier zeigt sich Loudo von seiner wilden Seite - scharf und fermentiert, mit einer erdigen, ledernen, urwüchsigen Unheimlichkeit und einem rauchigen Geschmack, der in der Kehle hängen bleibt. Es ist, als ob die Zeit selbst sauer geworden ist und unschuldige Erinnerungen in etwas Wildes und Ungezügeltes verwandelt hat. Der Kontrast ist erschütternd und doch seltsam fesselnd. Ich ertappe mich dabei, wie ich zwanghaft schnuppere und versuche, diese beiden Facetten von Loudo unter einen Hut zu bringen. Ist es eine süße Erinnerung an das, was ich einmal war, oder ein Blick in die seltsame Bestie, zu der meine Vergangenheit geworden ist? Vielleicht ist es beides, eine duftende Erinnerung daran, wie unsere Erinnerungen gären und mutieren und uns etwas hinterlassen, das kaum wiederzuerkennen ist, aber unbestreitbar zu uns gehört.